Online-Gschichtl Nr. 181

Pfarrer Johann Wimmer

Die Serie der Lebensporträts der Mannersdorfer Pfarrer ist Michael Schiebinger nun bei Pfarrer Johann Wimmer angelangt, der noch vielen Mannersdorfer:innen in „unterschiedlicher“ Erinnerung ist. Zu danken ist Elisabeth Palkowitsch für die Zurverfügungstellung von Fotos, Dr. Franz Kögler für wichtige Hinweise sowie Bürgermeister Franz Glock und Pfarrer Paul Gnat für die Mithilfe bei der Grabstättensuche in Göttlesbrunn.

 

Nachdem Pfarrer Johann Sobotka Mannersdorf 1935 verlassen hatte, wurde zunächst Josef Weisböck zum Provisor der Pfarre bestellt. Weisböck blieb nicht lange in Mannersdorf und so übernahm 1937 Johann Wimmer die hiesige Pfarrstelle. Johann Anton Wimmer wurde am 8. Juni 1898 in Wien-Landstraße in der Steingasse 25 geboren und vier Tage danach in der Pfarrkirche Mariae Geburt (ehem. Waisenhauskirche) am Rennweg getauft. Seine Eltern waren der aus Pulkau stammende Postbeamte Johann Wimmer (geb. 1866) und dessen aus Theras gebürtige Gattin Katharina (geb. 1872, Hofeker). Johann Anton Wimmer, der gerne den Rufnamen „Johannes“ verwendete, wuchs in Zwischenbrücken, einem Bezirksteil der Brigittenau, auf und besuchte das Gymnasium in der nahen Leopoldstadt. Anschließend trat er in das Wiener Priesterseminar ein. Im März 1921 wurde Wimmer zum Subdiakon geweiht, danach folgte die Weihe zum Diakon. Am 17. Juli 1921 erhielt er im Wiener Stephansdom von Erzbischof Friedrich Kardinal Piffl die Priesterweihe gespendet. Wimmer feierte seine Primiz in der Pfarrkirche zu Allen Heiligen (Zwischenbrücken) in Wien-Brigittenau.

Als Neupriester übernahm Wimmer mit 1. Oktober 1921 seine erste Kooperatorenstelle in Groß-Weikersdorf, wo er wenige Monate bleiben sollte. Schon im Jahr 1922 verließ er Groß-Weikersdorf wieder, um seine zweite Kooperatorenstelle in Gloggnitz anzutreten. Zwei Jahre sollte er nun in der Kleinstadt im Süden der Erzdiözese wirken. 1924 kam Johann Wimmer als Kooperator nach Jedlesee im 21. Wiener Gemeindebezirk. Dort war der Kooperator auch Funktionär des katholischen Reichsbundes, der 1933 unter Präses Wimmer einen neuen Sportplatz eröffnete. Als der Jedleseer Pfarrer Augustin M. Langaschek 1934 in hohem Alter verstarb, wurde sein Kooperator Johann Wimmer zum Provisor der Pfarre bestellt.

1937 wurde dann der bisherige Jedleseer Kooperator Johann Wimmer zum Pfarrer von Mannersdorf ernannt, nachdem ihn offenbar sein Vorgänger Johann Sobotka für dieses Amt empfohlen hatte. Wimmer brachte auch seine beiden Pfarrersköchinnen Hilde und Gretl Komarovsky aus Jedlesee mit, die ihm sein Leben lang den Haushalt führten. Am 10. Jänner 1937 wurde der neue Pfarrer in Mannersdorf feierlich investiert. Beim Gottesdienst war neben Johann Sobotka auch eine 200 Personen umfassende Abordnung aus Jedlesee anwesend. Vom Schloss aus wurde Wimmer von einer Reitereskorte der katholischen Jugend zur Pfarrkirche begleitet.

Ein Jahr nach Wimmers Ankunft in Mannersdorf kam es zum sog. „Anschluss“ und der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Österreich. Die Katholische Kirche und ihre Vertreter waren bei den neuen Machthabern meist nicht gut gelitten. Pfarrer Wimmer scheint aber in Mannersdorf die Seelsorge weitgehend unbehelligt ausgeübt zu haben. Nach dem Erwerb des Schlosses durch die nationalsozialistische Gemeindeverwaltung wurde die Schlosskapelle rechts neben der Einfahrt 1942 geräumt. Einiges an Inventar, darunter der Altar, ein Gemälde des Abschieds Jesu von Maria, zwei Kelche und diverse Messgewänder, übernahm Pfarrer Wimmer in die Pfarrkirche. Im Kriegsjahr 1943 verstarb der Vater des Geistlichen und wurde in seinem Heimatort Pulkau beigesetzt. Pfarrer Wimmer unterhielt auch später noch gute Kontakte in die Weinviertler Heimat seiner Familie. In den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 war der Geistliche mit seinen Köchinnen in den Keller der Familie Kögler oder Reichhart geflüchtet und zwar in Zivilkleidung, um wohl nicht von den anrückenden Sowjets als Priester erkannt zu werden.

Im Juli 1946 wurde das 25-jährige Priesterjubiläum von Pfarrer Wimmer feierlich begangen. Der Jubilar wurde in einem Festzug vom Pfarrhof abgeholt und in die Pfarrkirche begleitet, wo eine Festmesse zelebriert wurde. Neben den Mannersdorfer Honoratioren unter Bürgermeister Karl Gottschy war auch eine Abordnung aus Wimmers früherer Wirkungsstätte Jedlesee gekommen. Der Geistliche genoss derartige Feiern sehr, war er doch alles andere als uneitel, wie Zeitzeugen übereinstimmend berichten.

Im April 1948 kam Erzbischof Theodor Kardinal Innitzer zur Visitation nach Mannersdorf. Im Folgejahr wurde in Mannersdorf eine große „Volksmission“ abgehalten, die von zwei Mitgliedern des Redemptoristenordens gestaltet wurde. Im selben Jahr ernannte Kardinal Innitzer Pfarrer Wimmer zum erzbischöflichen Geistlichen Rat. Etwa in diesem Zeitraum oder etwas später kam es zu einem Zwischenfall, bei dem Pfarrer Wimmer offenbar von seinem Hund angefallen wurde. Der Geistliche wurde dabei so schwer im Gesicht verletzt, dass er sein linkes Auge verlor, das durch eine Glasprothese ersetzt werden musste. Noch heute ist die spöttische Redewendung „da Wimma Schani mit’n Glosaug“ in Mannersdorf bekannt.

Im April 1950 nahm Pfarrer Wimmer die Einweihung der neuen Aufbahrungshalle und der Kriegergedenkstätte vor. 1958 fand die Wiedereinweihung der Donatikapelle durch den Ortsgeistlichen statt. 1961 erfolgte eine Pfarrvisitation durch Erzbischof Franz Kardinal König. Unter Pfarrer Wimmer wurde 1963 eine elektrische Kirchturmuhr angeschafft. Er nahm sich auch des Pfarrkindergartens an, der 1970 erweitert werden konnte. In das Jahr 1967 fiel die „Umpfarrung“ von Wasenbruck, das von der Pfarre Pischelsdorf in die Zuständigkeit der Pfarre Mannersdorf wechselte. Im selben Jahr wurde Wimmer zum Konsistorialrat ernannt und durfte fortan ein violettes Zingulum zur Soutane tragen. Ein Jahr zuvor war dem Geistlichen bereits das Goldene Ehrenzeichen des Landes Niederösterreich verliehen worden.

In der Arbeitergemeinde und SPÖ-Hochburg Mannersdorf hatte es Wimmer immer schwer, da er mit seiner konservativen, gegen die Arbeiterschaft gerichteten Einstellung nicht hinter dem Berg hielt. Auch in den Religionsstunden bekamen die Kinder der Arbeiterfamilien die fehlende Wertschätzung zu spüren. Andere Mannersdorfer:innen kamen mit dem hochwürdigen Herrn besser zurecht und finden lobende Worte für dessen Wirken. Und so erhitzt Pfarrer Wimmer auch noch heute in posthumer Weise die Gemüter.

In Pfarrer Wimmers Amtszeit wurden auch wesentliche Weichen in der Weltkirche gestellt. 1962 wurde unter Papst Johann XXIII. das Zweite Vatikanische Konzil einberufen, das 1965 unter seinem Nachfolger Paul VI. zum Abschluss gebracht wurde. Die Konzilsväter setzten eine Öffnung der katholischen Kirche durch, zu den angestoßenen Reformen zählte auch eine erneuerte Liturgie, die bis in die 1970er-Jahre umgesetzt wurde. Vieles wurde nun im Gottesdienst adaptiert, so wurde nun in der jeweiligen Muttersprache zelebriert und die Stellung der Laien gefestigt. Auch der sog. „Volksaltar“ etablierte sich und die Zelebrationsrichtung wandte sich zur Gemeinde. Von diesen Reformen war Pfarrer Wimmer wohl wenig begeistert, war er doch ein Priester der „alter Schule“. Und so blieb in der Mannersdorfer Pfarrkirche vieles beim Alten. Die nachkonziliare Liturgie konnte erst Wimmers Nachfolger durchsetzen.

 

Im Juli 1971 wurde Wimmers 50-jähriges Priesterjubiläum noch feierlich begangen. Drei Jahre später, 1974, trat Johann Wimmer in den Ruhestand, nachdem seine Gesundheit bereits angeschlagen war. Die Pfarrchronik bietet leider wenige Auskünfte zu seiner Amtszeit, da sie unter Pfarrer Wimmer sehr schlecht geführt wurde. Vieles hatte er stattdessen auf Kalender notiert, die nach seinem Tod verloren gingen. Wimmers Nachfolger wurde Reinhold Schleider, der zuvor als Kaplan in Gänserndorf tätig gewesen war. Schleider war vorerst Provisor und wurde erst 1975 zum Pfarrer ernannt. Johann Wimmer blieb zunächst noch in Mannersdorf, kam aber mit seinem Nachfolger nicht zurecht. Der Altpfarrer verbrachte seine letzten Lebensmonate in Göttlesbrunn, wo er im Pfarrhof wohnte. Dort verstarb Johann Anton Wimmer in der Nacht auf den 25. September 1975 an einem Herzinfarkt und wurde drei Tage danach am Göttlesbrunner Friedhof beigesetzt – das Requiem zelebrierte Dechant Karl Gindl. Wimmers bis heute gepflegtes Grab ziert ein Schmiedeeisenkreuz, die Inschrift trägt wie das Sterbebildchen den Rufnamen „Johannes“.

Foto 1: Pfarrer Johann Wimmer (Elisabeth Palkowitsch)

Foto 2: Empfang von Pfarrer Wimmer 1937 (Fa. Sommerer)

Foto 3: Kardinal Innitzer mit Pfarrer Wimmer und Bürgermeister Gottschy bei der Visitation 1937 (Archiv Karl Trenker, Herkunft von Frau Kandl)

Foto 4: Erstkommunion 1956 (Archiv Michael Schiebinger)

Foto 5: Visitation von Kardinal König 1961 (Archiv Karl Trenker)

Foto 6: Erstkommunion 1968 (Elisabeth Palkowitsch)

Foto 7: 50. Priesterjubiläum von Pfarrer Wimmer 1971 (Elisabeth Palkowitsch)

Foto 8: 50. Priesterjubiläum von Pfarrer Wimmer 1971 (Elisabeth Palkowitsch)

Foto 9: Sterbebildchen von Pfarrer Wimmer (Elisabeth Palkowitsch)

Foto 10: Pfarrer Wimmers Grabstätte am Friedhof von Göttlesbrunn (Michael Schiebinger)