Nach Johann Kopf und Josef Schuch widmet sich Michael Schiebinger diesmal in zwei Teilen der Lebensgeschichte von Langzeitbürgermeister Franz Ludescher.
Franz Seraphicus Ludescher wurde am Neuhof geboren und am 17. September 1827 in der Pfarrkirche Wienerherberg getauft. Der Gutshof „Neuhof“ befindet sich an der Straße zwischen Götzendorf und Ebergassing und ist heute ruinös. Als Franz dort geboren wurde, war das Gut noch voller Leben, Vater Matthäus Ludescher wohnte mit seiner Gattin Barbara am Gut, wo er als Käsemacher tätig war. Großvater Anton Ludescher war ebenso Käsemacher gewesen und zog einst aus Trautmannsdorf auf den Gutshof.
Franz Ludescher wird zunächst die Schule im Pfarrort Wienerherberg besucht haben und vermutlich auch mit dem Käsereihandwerk vertraut gemacht worden sein. Im Jahr 1847 schien Franz Ludescher bereits in Mannersdorf auf, womöglich führte ihn eine Lehre hierher. Am 5. Mai 1847 wurde er nämlich von der Herrschaft Scharfeneck mit vier anderen Mannersdorfern zum Militär einberufen. Ludescher dürfte einige Jahre als Soldat zugebracht haben, in den späten 1850er-Jahren war Ludescher immer noch als Feldwebel der Reserve beim 49. Infanterie-Regiment (später „Hesser-Regiment“) aktiv.
Vermutlich auf Heimaturlaub in Mannersdorf dürfte Ludescher mit 30 Jahren seine künftige Gattin Franziska kennengelernt haben. Diese war die 22-jährige Tochter des hiesigen Kaufmanns Franz Kindler. Während eines Urlaubes und mit Genehmigung der k. u. k. Armee durfte sich Franz Ludescher am 7. September 1857 in der Mannersdorfer Pfarrkirche mit seiner Franziska vermählen. Ludeschers Schwiegervater Franz Kindler betrieb im Erdgeschoss seines Mannersdorfer Hauses auf der Hauptstraße 47 einen Kaufmannsladen. Schwiegersohn Franz dürfte bald die Karriere beim Militär beendet und sich wieder in Mannersdorf niedergelassen haben. In weiterer Folge übernahm er das Geschäft seiner Schwiegereltern und wurde selbst als „Handelsmann“ tätig. Auch Franz Ludeschers jüngerer Bruder Karl kam nach Mannersdorf und wurde hier Gastwirt.
Franz Ludescher und seine Gattin Franziska bekamen im Jänner 1859 ihre erste Tochter Aloisia („Luise“). Im November 1859 folgte bereits die Geburt von Tochter Franziska und im November 1860 kam Tochter Barbara („Betty“) zur Welt. Nach drei Mädchen wurde 1862 ein Junge geboren, doch Rudolf sollte nur wenige Monate leben. 1863 wurde Sohn Franz Johann geboren, der im Alter von drei Jahren verstarb. Der dritte Sohn, Heinrich Karl, kam noch 1865 zur Welt, er dürfte das Erwachsenenalter erreicht haben. Nur Tage nach seiner Geburt verstarb hingegen 1868 ein weiterer Sohn namens Franz Seraphicus. Und diese tragische Serie setzte sich fort, denn 1870 verstarb mit wenigen Monaten Sohn Alexander, 1872 erlitt Franziska Ludescher eine Totgeburt und auch Sohn Ludwig überlebte das Geburtsjahr 1874 nicht. Diese Zeit war für die Familie folglich durch unzählige Schicksalsschläge geprägt.
Franz Ludescher dürfte sehr früh in der Gemeindepolitik tätig geworden sein, 1871 wurde er unter Bürgermeister Anton Stummer gemeinsam mit Johann Kopf und Franz Kain als geschäftsführender Gemeinderat gewählt. Im Jahr 1876 übernahm dann Ludescher den Bürgermeistersessel von Stefan Sandruschitz. In Ludeschers frühen Jahren im Amt kam es 1878 zu einer Verhandlung in Zuge der Verlassenschaft des Georg Happel. Da keine Erben auffindbar waren, wurde Bürgermeister Ludescher vom k.k. Bezirksgericht zum Verwalter des Erbes bestellt. Es war bis zum Ende der Monarchie vollkommen üblich, dass der jeweilige Bürgermeister bei unklaren Fällen zum Nachlassverwalter oder zum Vormund von Waisen erkoren wurde. Ebenfalls im Jahr 1878 wurde dem einstigen Herrschaftsverwalter und Bezirksrichter Martin Treitl die Ehrenbürgerschaft von Mannersdorf verliehen. In jenen Jahren wurde auch über den Neubau des Schulhauses nachgedacht, die Gemeinde dürfte sich hier sehr zögerlich gezeigt haben und so wurde 1879 nur eine Erweiterung des Baubestandes vorgenommen.
Im August 1879 wurde Franz Ludescher bei der Gemeindeausschusswahl als Bürgermeister bestätigt. Neben ihm wurden Johann Kopf, Josef Reichhart, Dr. Josef Wache und Simon Schneider zu Gemeinderäten gewählt.
Fortsetzung folgt …
Foto 1: Porträt von Franz Ludescher (Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)
Foto 2: Ludeschers Taufkirche in Wienerherberg (Michael Schiebinger)
Foto 3: Der Neuhof an der Straße von Götzendorf nach Ebergassing, 1837 (Perspektiv-Karte von Franz X. Schweickhardt)
Foto 4: Das Ludescherhaus rechts im Bild (Archiv Karl Trenker)
Foto 5: Mannersdorf im späten 19. Jahrhundert (Digitales Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)