Heute setzt Michael Schiebinger seinen Bericht über Unglücksfälle und andere Schicksalsschläge in der Mannersdorfer Vergangenheit fort.
Zur Zeit des Ersten Weltkrieges ereigneten sich auch Schicksalsschläge im privaten Umfeld der Mannersdorfer. 1918 verunglückte bspw. der 13-jährige Johann Horvarth durch einen tödlichen Sturz vom Baum – er war der Sohn des gleichnamigen Mannersdorfer Steinmetzes. Im Hausbruch verunglückte 1922 der Kutscher Johann Kratochwil als er von einem rollenden Wagen stürzte. Im November 1923 verstarb der 41-jährige Johann Hauser durch Ertrinken. Glück hatte hingegen der Götzendorfer Bürgermeister Konrad Danzinger im Jahr 1923, dessen Pferde bei der Feldarbeit nahe des Sandberges durchgegangen waren, aber dann doch noch anhielten. Aus Dank für die Errettung wurde an der Stelle des Ereignisses das gleichnamige Danzingerkreuz errichtet.
1925 kam der 25-Jährige Arbeiter Friedrich Reichhart durch einen Schädelbasisbruch ums Leben, die Ursache dafür war nicht zu eruieren. Im selben Jahr verstarb auch der Taglöhner Vinzenz Friedrichkeit an einem Schädelbasisbruch in Folge eines nicht näher genannten Unfalls. Im Oktober 1927 erlag Heinrich Komendisch, Schlossergehilfe aus Mannersdorf, seinen Verbrennungen in der Wiener Rudolfstiftung. Gut möglich, dass die Brandwunden auf einen Arbeitsunfall des Schlossers zurückzuführen waren. 1928 kam es zu einem schweren Verkehrsunfall auf der Straße von Gramatneusiedl nach Reisenberg, wie die Lokalpresse berichtete. Ein Lastwagen der Firma Hutter und Schrantz aus Wasenbruck fuhr rasch und ohne auf den Gegenverkehr zu achten auf der Bezirksstraße dahin. Von der anderen Seite näherte sich der Landwirt und Reisenberger Bürgermeister Josef Hafenscher mit seinem Fuhrwerk, auf dem Mostfässer geladen waren. Die Pferde scheuten vor dem Lastwagen, dessen Fahrer alle Warnzeichen ignorierte. Das Fuhrwerk kam von der Straße ab, kippte und der Wagen mit den Fässern überrollte Hafenscher. Der Verunglückte wurde noch mit dem Rettungsauto (!) in ein Wiener Krankenhaus gebracht, wo er letztlich verstarb. Im Dezember 1929 verunglückte auch Ignaz Krempelsauer tödlich, nachdem er in seinem winterlichen Garten im Tattendorf von einem Baum gefallen war.
Im Jahr 1931 häuften sich die Arbeitsunfälle in ungewöhnlicher Weise, wie auch die Lokalpresse anmerkte. Im Mai des Jahres ereignete sich ein erster Unfall im Werksumfeld, der Steinbruchleiter Josef Karpf erlitt dabei Rippenbrüche und wurde in das Wiener Kaiserin-Elisabeth-Spital eingeliefert, wo er seinen Verletzungen erlag. Im Oktober 1931 folgte gleich der nächste Unfall im Zementwerk, der Fabriksarbeiter Karl Neumayer wurde durch einen elektrischen Stromschlag getötet. Und kurz vor Weihnachten 1931 wurde der in Trautmannsdorf wohnende Kranführer Adolf Beil in der Perlmooser Zementfabrik in einem Kalksteinbottich verschüttet und verunglückte tödlich. Der Bezirksbote bemängelte damals fehlende Schutzeinrichtungen und die Häufung der Unfälle im Werk. Ebenfalls im Dezember des Jahres 1931 verunglückte der 23-Jährige Knecht Martin Zwierschitz. Er war auf der Mannersdorfer Hauptstraße in der Kurve beim Schloss von einem Auto erfasst und getötet worden. Am Steuer saß, wie der Bezirksbote ausführlich berichtete, der Drogist Josef Lüftner aus Bruck. Dieser war mit anderen zuvor im Gasthaus Arbachmühle, in betrunkenem Zustand und mit zu hoher Geschwindigkeit kam er am Rückweg beim Schloss auf den Gehsteig und erfasste den jungen Martin Zwierschitz. Ohne anzuhalten beging der Lenker Fahrerflucht, wurde aber der Tat überführt und nach einem Geständnis zu vier Monaten „strengen Arrests“ verurteilt.
Im Februar 1932 verunglückte in Gramatneusiedl der in Mannersdorf angestellte Bundesbahnbedienstete Friedrich Franzmann während seines Dienstes tödlich – er wurde von einer Verschublok erfasst und erdrückt. Im März 1932 traf es den Bauern Anton Kögler mit 29 Jahren, er war der Urgroßvater des Autors. Anton war mit anderen beim Holzmachen im Wald bei den sog. „Heiligen Stiegen“, als die Rösser mit dem Fuhrwerk durchgingen und ihn überfuhren. Anton Kögler erlitt Rippenbrüche und schwere innere Verletzungen, er wurde nach Hause gebracht, wo er nach einem Tag der Qualen verstarb. Die Großmutter des Autors, damals ein 8-jähriges Kind, blieb bis zuletzt bei ihrem sterbenden Vater und hat die dramatischen Ereignisse immer wieder noch im Alter geschildert.
Im August 1932 erlitt auch der 63-jährige Landwirt Johann Palkowitsch einen Schädelbasisbruch und wurde noch in das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder nach Wien gebracht, wo er aber seinen Verletzungen erlag. Im Wald spielte sich 1932 zudem ein Wildererdrama ab, Josef Binder (auch Pinter) aus Donnerskirchen geriet mit einem Jäger aneinander. Im Zuge des Streits soll sich ein Schluss gelöst haben, prallte von einem Baum ab und traf Binder tödlich – noch heute erinnert ein Gedenkkreuz an das Wildererschicksal.
1933 verunglückte der Hilfsarbeiter Josef Zwinger in Wasenbruck, wohl bei einem Arbeitsunfall in der Fabrik. Im Juli 1934 ertrank der 39-jährige Bäckermeister Josef Müller aus Mannersdorf, nachdem er am linken Donauufer bei der Wiener Reichsbrücke in das Wasser gefallen sein dürfte. Ein Journalist spekulierte, ob es nicht Selbstmord war, da die Geschäfte des Toten schlecht gelaufen seien. In Bruck an der Leitha dürfte wiederum der Eisenbahner Lorenz Paukowitsch aus Mannersdorf im Mai 1936 einem Unfall im Dienst zum Opfer gefallen sein. Im selben Jahr verunglückte Johann Robur aus Donnerskirchen bei Wasenbruck tödlich mit seinem Fuhrwerk. In der Wasenbrucker Fabrik kam es im August 1938 zu einem Arbeitsunfall, der den Schlosser Wilhelm Kalab das Leben kostete.
Die fortschreitende Mobilität erreichte in den 1930er-Jahren auch das Land, wo verstärkt Motorräder und Lastwagen zum Einsatz kamen. Die Risiken dieser Motorisierung zeigen die vier Verkehrsunfälle des Jahres 1938. In der Nacht vom 30. Juli verunglückte der in Mannersdorf wohnhafte 25-jährige Holzarbeiter Josef Skopeček mit seinem Motorrad auf Straße zwischen Ebergassing und Gramatneusiedl tödlich. Ebenfalls im Juli 1938 kam es auf der Straße nach Sommerein zu einem Verkehrsunfall mit einem Motorrad, bei dem Peter Stumpf getötet wurde. Im September 1938 wurde der 41-jährige Fabriksarbeiter Josef Eichenseder auf der Mannersdorfer Hauptstraße tödlich überfahren, nach dem er sich an einem Auto angehalten hatte – er hinterließ Frau und Kind. Im Dezember 1938 ereignete sich ein weiterer schwerer Verkehrsunfall auf der Straße nach Götzendorf. Ein Lastwagen der Schwechater Brauerei kam offenbar beim Überholen auf den Straßenrand und fuhr gegen einen Apfelbaum. Mathias Ackerl, der Gastwirt der Arbachmühle, wurde als Beifahrer schwer verletzt. Mitfahrer Rudolf Domayer hatte hingegen nur leichte Verletzungen, während der Fahrer unverletzt blieb. Ackerl wurde in die Wiener Rudolfsstiftung gebracht, verstarb aber noch vor der Einlieferung.
Fortsetzung folgt …
Foto 1: Danzingerkreuz, erinnert an die "Rettung" von Konrad Danzinger 1923 (Archiv Karl Trenker)
Foto 2: Die ersten Lastwagen, wie hier von Hutter und Schrantz, sorgten in der Zwischenkriegszeit für Unfälle (Archiv Johann Amsis/Heimatseite Wasenbruck)
Foto 3: Pferdefuhrwerke trafen auf der Mannersdorfer Hauptstraße auf frühe Automobile (Archiv Karl Trenker)
Foto 4: Die Eisenbahn war nicht minder gefährlich (Brucker Bezirksbote, 1932)
Foto 5: Josef Eichenseder wurde auf der Hauptstraße ein frühes Verkehrsopfer (Michael Schiebinger)
Foto 6: Auch die Elektrizität forderte in Mannersdorf ein Menschenleben (Matricula, Pfarre Mannersdorf, Sterbebuch 1917-38)
Foto 7: Bei der alten Reichsbrücke (die heutige ist schon die Nach-Nachfolgerin) ertrank Josef Müller aus Mannersdorf (ÖNB/AKON, AK024_139)
Foto 8: Ein weiteres Verkehrsopfer (Matricula, Pfarre Mannersdorf, Sterbebuch 1917-38)