Online-Gschichtl Nr. 75

Winter in Wasenbruck - Schneeverwehungen und Wetterkapriolen

Auch heute nimmt uns Johann Amsis wieder auf eine kleine, nostalgische Reise in die Zeit um 1960 mit und berichtet uns, wie einfallsreich die Wasenbrucker gegen die Schneemassen im Winter ankämpften.

 

Damals in den 1960er-Jahren gab es Schnee, noch mehr Schnee, Schneeverwehungen und Eiszapfen an den Dächern. Der Sturm pfiff durch den Rauchfang und das Dachgebälk, derweil glühte der Ofen vor lauter heizen. In der Küche war es kalt, im Wohnzimmer wo der Ofen stand, war es heiß wie in der Hölle. In der Mansarde konnte man den Wind spüren, der durch den Verputz durchdrang, es war ja nur eine Schilfstuckatur mit ein bisschen Verputz darauf – eine Wärmedämmung oder Glaswolle kannte man damals noch nicht. In den Fenstern konnte man die Eisblumen bewundern und draußen bildeten sich meterhohe Schneewechten. Es schneite oft tagelang durch, der Wind blies was das Zeug hielt. Dann kam der Punkt, wo auch der Schneepflug nicht mehr durchkam, weder nach Mannersdorf, noch nach Reisenberg. Für uns Schüler war da gleich Feiertag, wenn der Bus nicht kam – oft ging mehrere Tage lang gar nichts mehr. Im Jahr 1965 war es ganz arg, da gab es im Konsum auch kein Brot mehr, weil kein Lieferfahrzeug durchkam. Da ist das Bundesheer eingesprungen und hat vom Götzendorfer Bäcker mit dem Schützenpanzer Brot gebracht! Nach Mannersdorf war die Straße immer total verweht, vom heutigen Standort der Firma Schuch im Reintal bis zur Mannersdorfer Ortseinfahrt war die Straße meterhoch zu, da ist kein Schneepflug mehr durchgekommen – ebenso nach Reisenberg. Als die Schneeverwehungen nachließen, ist die Straßenmeisterei mit einer Schneefräße gekommen und dann haben sie die Straße freigefräst. Manchmal war der Schnee so hoch, dass man vom Schülerbus aus nicht einmal auf das freie Feld daneben schauen konnte. Der Italienergraben Richtung Reisenberg war so stark zugeweht, dass man ohne Bedenken darüber gehen konnte.

Einmal war mitten im Dezember eine Hochzeit geplant, das Aufgebot war schon bestellt, die Hochzeitstafel in der Backhendlstation des „Mayer Gelati“, der heutigen Arbachmühle, war bereits gebucht. Einige Tage vor dem geplanten Termin begann es zu schneien und es hörte nicht mehr auf. Ein Sturm kam auf und Schneeverwehungen in unvorstellbarem Ausmaß setzten ein. Der Tag der Hochzeit kam, was soll ich sagen, es war unmöglich über die Straße mit einem Auto nach Mannersdorf zum Standesamt zu fahren, geschweige denn zum Festmahl beim „Mayer Gelati“. Lange wurde hin und her überlegt, was man tun könnte, um die Hochzeit nicht platzen zu lassen – man wollte den Brautleuten keine Absage antun. Im Improvisieren waren die Wasenbrucker ja immer schon Weltmeister, also ließen sie sich auch in dieser Situation etwas einfallen. Die Feuerwehr musste her, gesagt getan, die Männer kamen mit dem Opel-Blitz der Betriebsfeuerwehr vorgefahren. Brautleute, Eltern und Trauzeugen wurden aufgeladen und ab ging es durch die Schneemassen über die Felder nach Mannersdorf zum Standesamt. Die Trauung wurde vollzogen und mit dem Feuerwehrauto ging es über die Felder wieder zurück. Aber was war mit dem Hochzeitsessen für die geladenen Gäste? Da es ja nicht möglich war, mit den Autos zur Arbachmühle zu fahren, geschweige denn die Schnitzel von dort zu holen, musste wieder improvisiert werden. Bei der ganzen Verwandtschaft wurden die Kühlschränke und Kühltruhen durchsucht und jedes Schnitzel das zu finden war zusammengetragen, paniert und gebacken. Zwischenzeitlich wurden schon die Erdäpfel gekocht, geschält und der Salat angemacht. Kurz und gut, es hat jeder Hochzeitsgast sein Schnitzel erhalten, Getränke waren auch genug zusammengetragen worden. Die Torten und die Hochzeitskrapferl waren zum Glück noch nicht in der Arbachmühle und konnten bei der Feier im Wohnzimmer beim Kaffee genossen werden. Als einige Tage später die Straße wieder frei war, wurden dann die fertig panierten Schnitzel von der Arbachmühle geholt und an die Verleiher „zurückerstattet“. Das brachte den Vorteil, dass es einmal Schnitzel unter der Woche gab!

 

Anfang Dezember 1961 regnete und regnete es wiederum unaufhörlich, am 12., 13. und 14. Dezember trat die Leitha über die Ufer. Das Hochwasser stieg so stark an, dass es durch die Au und über die Straße von der Kirche bis nahe zur Fabrik in den Ort vordrang. In der Nacht zum 14. Dezember sank die Temperatur ordentlich in den Minusbereich, das Wasser erstarrte und nicht genug, es setzte sehr starker Schneefall ein. Über Nacht sind etwa 20 Zentimeter Neuschnee gefallen, der eine Winterlandschaft erzeugte, wie man sie nur aus den Weihnachtsbüchern kannte. Als das Wasser unter dem Eis abgesunken war, hatten wir Kinder unseren Spaß, dieses einzutreten, ohne nass zu werden. Meinen Erinnerungen nach ist diese Schneedecke bis in den März geblieben. Es ist zwar noch Schnee dazugekommen, ohne dass die alte Schneeschicht vorher komplett weggeschmolzen war. So war es damals, im Winter in Wasenbruck …


Foto 1: Zugewehter Italienergraben bei Wasenbruck (Archiv Johann Amsis)

Foto 2: Einsatzbericht zum Winterhochwasser 1961 ("Brand aus", Heft 2, 1962)

Foto 3: Leithabrücke im Winter (Archiv Johann Amsis)

Foto 4: Zur Trauung mit dem Oper-Blitz der Betriebsfeuerwehr (Archiv Johann Amsis)

Foto 5: Landesstraße nach Mannersdorf mit Schneemassen (Helga und Peter Thiel)

Foto 6: Schneemassen umhüllen das Leonardikreuz (Helga und Peter Thiel)

Foto 7: Schneeverwehungen auf der Landesstraße (Helga und Peter Thiel)

Foto 8: Schneemassen bei der Donatikapelle (Helga und Peter Thiel)