Im zweiten Teil des Online-Gschichtls zum Kino in Mannersdorf und Wasenbruck soll diesmal die Entwicklung nach 1945 gezeigt werden.
Nach dem Ende der NS-Diktatur und des Zweiten Weltkrieges wurde Ende Oktober 1945 zunächst der Kinobetrieb in Wasenbruck wieder aufgenommen. Als erster Film wurde „Dir gehört mein Herz“ gezeigt, auch das folgende Programm beinhaltete leichte Kost. In Mannersdorf war das Kino von den russischen Besatzern geplündert worden, daher wurden zunächst Reparaturarbeiten notwendig – auch Friedrich Sollak jun. kam erst aus dem Krieg zurück. Für den Betrieb in Mannersdorf musste ein Projektor aus Wasenbruck geholt werden und so konnte im August 1946 das Kino mit dem Film „Schrammeln“ wiedereröffnet werden.
Wie Johann Amsis berichtet, hat Friedrich Sollak jun. in den Nachkriegsjahren auch das Wasenbrucker Kino betrieben. Da zunächst nur je ein Projektor an beiden Standorten zur Verfügung stand, musste Sollak improvisieren. Die Filme im Mannersdorfer Kino begannen zuerst und war dort die erste Rolle fertig, so musste man sie händisch zurückspulen. Während in Mannersdorf die zweite Rolle lief, fuhr Friedrich Sollak oder Kurt Lima mit der ersten Rolle nach Wasenbruck, um dort mit der Vorstellung zu beginnen. In der Pause gings zurück nach Mannersdorf, um die zweite Rolle zu holen. Das Wasenbrucker Publikum musste dabei oft länger warten, sodass im Kino zur Überbrückung auch gesungen wurde. Später kam auch in Mannersdorf wieder eine zweite Vorführmaschine hinzu, die aus Berndorf besorgt wurde.
In der Nachkriegszeit wurden vor den Kinovorführungen nun Beträge der Austria-Wochenschau gezeigt und das Programm von den Alliierten kontrolliert. Fernseher waren in den Anfangsjahren noch wenig verbreitet und so bekam das Kinopublikum die Neuigkeiten aus aller Welt im Kino präsentiert. Der Vorspann wurde aber auch für Werbeeinschaltungen der Mannersdorfer Gewerbebetriebe und Ankündigungen genutzt. Das Programm in Wasenbruck unterschied sich nur geringfügig von dem in Mannersdorf durch die Spezialvorführungen für die Werksangestellten, da wurden auch politische Filme wie „Lenin 1918“ gezeigt. Mit Ende Mai 1951 trat Friedrich Sollak jun. den Kinobetrieb in Wasenbruck an das Volksbildungswerk ab. Den Kartenverkauf in Wasenbruck besorgte Helene Wagner, während Kurt Lima, Herbert Gludowatz und Hannes Ertl am Projektor standen. Die Familie Wolfgang unterhielt im Wasenbrucker Kino einen Verkaufsstand und der Saal wurde mittels Duftspritze geruchlich „neutralisiert“.
Um 1957 wurden in Mannersdorf neue Projektoren angeschafft und auf das CinemaScope-Verfahren umgestellt. Besonders beliebt waren beim älteren Mannersdorfer Publikum jener Jahre Werke wie „Schloss Hubertus“ oder „Der Jäger von Fall“. Beide Werke waren Verfilmungen der Romane von Ludwig Ganghofer, die in der Nachkriegszeit entstanden waren. Auch andere Verfilmungen der Werke des bedeutenden bayerischen Schriftstellers Ganghofer wurden in Mannersdorf vorgeführt. Das jüngere Publikum kam in den 1960er-Jahren aber auch auf seine Kosten. So wurden natürlich die „Heile-Welt-Filme“ mit Peter Kraus, Peter Alexander oder Gunther Philipp im Mannersdorfer Kino gezeigt. Für das ganz junge Publikum wurden in den 1970er-Jahren aber auch Kinderfilmklassiker vorgeführt, wie „Bambi“ – 1973 war eine neue, abgemilderte Fassung ins Kino gekommen. In den beiden Kinos von Mannersdorf und Wasenbruck wurden aber auch Filmklassiker, wie Ben Hur und Winnetou geboten. Die Hauptvorstellungen wurden am Abend angesetzt, während am Sonntagnachmittag die Kindervorstellungen stattfanden.
Der Kinobetrieb war in Mannersdorf durch das perfekte Zusammenspiel der gesamten Belegschaft möglich geworden. An den Schaukästen beim Park konnte man das kommende Filmprogramm erspähen. Am Samstag wurde dann im Gasthaus Kopper (heute Schneider) der Kartenvorverkauf gestartet. Frieda Kopper stellte ihr Tischchen auf und eine lange Schlange an Karteninteressenten bildete sich. Am Sonntag war dann die Vorstellung, an der Abendkasse saß wieder Frieda Kopper, während ihre Schwester Gerti im Vorführraum war. Franz Sollak hatte schon zeitig den alten Ofen im Kinosaal angefeuert, dass den Besuchern nicht kalt wurde. Auch die Billeteure Philipp Prinz und Johann Weitzberger kamen zum Einsatz, um die Plätze zuzuweisen. Streng war man mit dem Jugendschutz und wenn sich doch ein zu junger Gast eingeschlichen hatte, dann wurde dieser unsanft „am Krawattl“ hinauskomplimentiert. Auch Gendarmen patrouillierten mitunter vor dem Kino, um den damals strengen Jugendschutz durchzusetzen. Am Vorführapparat wiederum standen Leopold Götz, Friedrich Lutz oder Johann Weitzberger, manchmal auch Chef Sollak selbst. Ärger gab es offenbar immer wieder mit Zuspätkommenden, die die Vorführung erheblich störten. Sie wurden daher erst nach dem Vorspann mit der Wochenschau wieder in den Saal eingelassen. Für etwas mehr Komfort sorgten auch die „fußfreien“ Plätze, die im Saal angeboten wurden, aber auch die Dauersitze, die von Mannersdorfer Familien abonniert wurden.
Bald bekam das Kino auch in Mannersdorf und in Wasenbruck Konkurrenz durch das Fernsehen, die Flimmerkästen wurden erschwinglich und standen in immer mehr Haushalten. So setzte österreichweit in den 1960er- und 1970er-Jahren das Kinosterben ein. Auch die gewonnene Mobilität der Wirtschaftswunderjahre veränderte das Freizeitverhalten. Waren früher noch Kartenreservierungen notwendig, mussten in den letzten Betriebsjahren zumindest 5 Besucher anwesend sein, dass die Vorstellung überhaupt stattfinden konnte. Im Jahr 1975 wurden von den jeweils 350 Sitzplatzkarten pro Vorstellung nicht einmal ein Viertel verkauft – die Karten kosteten damals einzeln zwischen 16 und 22 Schilling. Die letzte Vorstellung vor der Schließung des Kinos fand am 8. Dezember 1977 mit sieben (!) Besuchern statt. Anlässlich der Kirchenrenovierung 1978 wurde der Kinosaal von Fronleichnam bis Allerheiligen als besondere Gottesdienststätte genutzt.
Im Frühjahr 2002 wurde das Mannersdorfer Kinogebäude abgetragen, zuvor konnten einige Ausstattungsteile gerettet werden – einer der Projektoren ist heute im Depot des Stadtmuseums aufbewahrt. Das Kino in Wasenbruck ist auch schon lange Geschichte – geblieben sind da wie dort die vielen, persönlichen Erinnerungen.
Foto 1: Mannersdorfer Kino 1957 (Archiv Hans Amelin)
Foto 2: Neue Vorführapparate 1957 (Archiv Hans Amelin)
Foto 3: Hinweis aus dem Vorspann (Archiv Karl Trenker)
Foto 4: Frieda Kopper an der Kasse (Archiv Karl Trenker)
Foto 5: Das Tod Papst Pius XII. 1958 sorgte für Veranstaltungsverschiebungen, die auch im Kino bekannt gegeben wurden (Archiv Karl Trenker)
Foto 6: Friedrich Sollak sen. (Archiv Karl Trenker)
Foto 7: Sperrsitzkarten aus dem Jahr 1975 (Archiv Hans Amelin)
Foto 8: Mannersdorfer Kino vor dem Abriss 2002 (Karl Trenker)
Foto 9: Mannersdorfer Kinosaal vor dem Abriss 2002 (Karl Trenker)