Online-Gschichtl Nr. 57

"Berg frei" - Die Mannersdorfer Naturfreunde seit 1970

Im abschließenden Teil des Online-Gschichtls zur Geschichte der Mannersdorfer Naturfreunde widmet sich Michael Schiebinger diesmal den jüngeren Entwicklungen.

 

Nach den Aufbaujahren der Nachkriegszeit und der frühen Wirtschaftswunderjahre waren die Mannersdorfer Naturfreunde wieder zu einer festen Institution im lokalen Vereinsleben geworden. Ab 1972 wurden jährliche Bergfahrten zu den höchsten Gipfeln der Westalpen unternommen. 1974 sollten gleich neun Mannersdorfer, darunter Karl Kopetzky, Hans und Fritz Amelin, Franz Engel, Franz Zintl und Karl Hauser, den Mont Blanc als höchsten Alpengipfel (4810 m) bezwingen. Fritz Amelin war damals der erfolgreichste Bergsteiger Mannersdorfs mit 20 „Viertausendern“.

Die Skienthusiasten unter den Vereinsmitgliedern verfolgten wiederum den weiteren Ausbau der Schiwiese als lokale Wintersportstätte. Nach den bescheidenen Anfängen wuchsen nun auch die Anforderungen an den Pistenbetrieb, so wurde im Jahr 1971 ein Kleinschlepplift angeschafft und aufgebaut. Die 200 Meter lange Anlage wurde mit einem Benzinmotor konzipiert und 1972 offiziell eröffnet. Eine Unterstandshütte aus dem Steinbruch wurde auf der Schiwiese aufgestellt und zu einer bewirtschafteten Schutzhütte adaptiert. Ab dieser Zeit wurden bei guter Schneelage jährlich Jugendskitage mit jeweils mehr als 100 Teilnehmern veranstaltet. Einmal stand sogar ein Weltcup-Slalomstar als Vorläuferin am Start – die Mannersdorferin Michaela Schaffner!

In den weiteren Jahren wurde auch der Steilhang des Scheiterberges weiter reguliert und das Areal der Schiwiese mit Hilfe der Marktgemeinde abermals erweitert. Im Jahr 1979 wurde oberhalb der Schutzhütte ein Neubau errichtet, der auch ein Elektroaggregat, einen Tankbehälter, einen Skistall und eine Vorratskammer aufnahm. Gleichzeitig wurde der benzinbetriebene Schlepplift auf einen Elektroantrieb umgestellt und adaptiert.

Die 1980er-Jahre starteten für die Naturfreunde mit einer besonderen Ehrung, die Schutzhütte erhielt nun den Namen des Langzeitobmannes Josef Hochfilzer. Dieser sollte bis zu seinem Tod 1985 in seiner Funktion bleiben und stand den Naturfreunden 62 Jahre als Obmann vor. Eine ungewöhnlich lange Zeit, sechs Jahrzehnte, in denen Hochfilzer den Verein nachhaltig prägen sollte. Überall geschätzt und geachtet, wurde er zu einer bedeutenden Persönlichkeit unserer Stadtgeschichte. Er, der er aus der Fremde kam, konnte rasch die Mannersdorfer für die Natur begeistern und nahm sie mit an Orte, die damals noch schwer erreichbar waren. Er brachte den Flachländern das Klettern nahe und bezwang selbst in beeindruckender Weise die höchsten Gipfel – die Namensgebung der „Hochfilzerhütte“ besteht also mehr als zurecht!

Nach Josef Hochfilzers Tod wurde Adolf Wiener zum neuen Obmann gewählt. Unter ihm wurde nun das Wanderwegenetz am Leithagebirge entscheidend erweitert, der große Rundwanderweg wurde angelegt und die Wege nach Hof, Sommerein und Breitenbrunn reaktiviert und neu markiert. Das große Engagement für das Wanderwegenetz führte dazu, das die Verbindung nach Sommerein in Anerkennung in „Adolf-Wiener-Weg“ umbenannt wurde. Auch nach seiner aktiven Zeit als Obmann war Adolf Wiener stets mit seiner leutseligen Art beim Spazieren am Leithagebirge anzutreffen.

Im Jahr 1993 übergab Adolf Wiener sein Amt an Karl Kopetzky, unter dessen Obmannschaft viele bauliche Maßnahmen umgesetzt wurden. Am Beginn des Wanderweges zur Schiwiese wurde 1996 ein neues Unterstellhaus für den Schidoo und diverse andere Geräte errichtet. Auch die wichtige Infrastruktur für den Betrieb der Schiwiese wurde nun geschaffen, eine Wasserleitung, ein Starkstromkabel und eine Telefonleitung wurden verlegt. Die Elektrosteuerung des Schleppliftes wurde modernisiert und Sicherheitseinrichtungen kamen hinzu. Daneben stellte sich auch die Frage nach der Erneuerung der alten Hochfilzerhütte, die nicht mehr den gestiegenen Anforderungen entsprach. Im Jahr 1998 wurde daher ein Holzblockhaus erworben, das zuvor durch Brand beschädigt worden war und nun zur neuen Hütte adaptiert werden sollte. Im April 1999 wurde die alte Hütte mit einem Fest abgebrochen und der Aufbau des neuen Gebäudes begann. Mehr als 50 freiwillige Helfer schafften es in über 4000 Arbeitsstunden den Bau bis November 1999 fertigzustellen. Am 8. April 2000, also vor nunmehr 20 Jahren, konnte die feierliche Eröffnung der neuen Hochfilzerhütte erfolgen. Zeitgleich segnete Pfarrer Reinhold Schleider das neu errichtete Gipfelkreuz am Scheiterberg.

 

In den letzten 20 Jahren hat sich die Schiwiese mit der neuen Hochfilzerhütte zu einem beliebten Ausflugsziel in der Region entwickelt. Aufgrund des oftmaligen Schneemangels wurde der Wanderbetrieb in der wärmeren Jahreszeit immer wichtiger. Die Hütte wird an den Wochenenden regelmäßig geöffnet und von Grete und Erich Korn mit viel Engagement betreut. Während des Jahres konnten sich weitere Veranstaltungen der Naturfreunde auf der Schiwiese etablieren, wie das beliebte Kürbisfest. Das Gipfelkreuz wurde zudem verstärkt in die Aktivitäten der Pfarre Mannersdorf eingebunden. In den 2000er-Jahren wurden von den Naturfreuden immer wieder bekannte Vortragende eingeladen, so u.a. Peter Habeler, Hans Kammerlander und Gerlinde Kaltenbrunner. 2007 übergab Karl Kopetzky das Amt des Obmanns an seinen bisherigen Stellvertreter Karl Hauser. Unter ihm wurden nun u.a. die Orientierungs- und Wanderwegtafeln erneuert. 2014 fand der niederösterreichische Naturfreundetag mit 600 Besuchern in Mannersdorf statt. In jüngster Zeit konnten mit der Region Römerland Carnuntum zwei neue appbasierte Themen-Rundwanderwege geschaffen werden. 2019 wurde am Scheiterberg der Karl-Wuketich-Steig eröffnet, um die vielfachen Verdienste des Namensgebers zu würdigen. Und im corona-geprägten Jubiläumsjahr 2020 wurde der Tanzboden der Hochfilzerhütte neu errichtet.


Foto 1: Schiwiese mit Hütte, 1974 (Archiv Hans Amelin)

Foto 2: Obmann Josef Hochfilzer, 1980er-Jahre (Archiv Hans Amelin)

Foto 3: Jugendskitag, 1983 (Archiv Hans Amelin)

Foto 4: Jugendskitag, 1983  (Archiv Hans Amelin)

Foto 5: Vorbereitungen zum Naturfreundekränzchen mit Hilda Hochfilzer und Vroni Wonisch (Archiv Hans Amelin)

Foto 6: Jugendskitag, 1995 (Archiv Hans Amelin)

Foto 7: Jugendskitag, 1996 (Archiv Hans Amelin)