Im zweiten Teil des Online-Gschichtls widmet sich Michael Schiebinger diesmal der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr und ihrer weiteren Entwicklung – auch diesmal war Heribert Schutzbiers Festschrift aus dem Jubiläumsjahr 1982 eine willkommene Quelle.
Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurden in vielen Gemeinden unserer Gegend Freiwillige Feuerwehren gegründet, ein Trend, der von den Städten und größeren Märkten ausgegangen war. Im November 1881 trat ein Gründungsausschuss zusammen, diesem gehörten bekannte Honoratioren der Marktgemeinde an, so u.a. Mediziner Josef Wache, Apotheker Paul Tacina, Baumeister Friedrich Sollak jun. und Bürgermeister Franz Ludescher. Am 16. Dezember 1881 wurden die ausgearbeiteten Statuten für die Freiwillige Feuerwehr Mannersdorf vom Gemeinderat gebilligt. Die offizielle Gründung wurde dann am 16. Jänner 1882 von der niederösterreichischen Statthalterei bescheinigt und das erste Kommando unter Karl Stummer nahm seine Tätigkeit auf. Als Gründungszweck wurde der koordinierte Rettungs- und Löschdienst bei Feuergefahr angesehen, nicht nur für Mannersdorf, sondern für alle Nachbarorte im Umkreis von 7 Kilometern! Von den Kameraden selbst wurde ein „ehrenhaftes, männliches Betragen“, Pünktlichkeit, Ruhe und strenger Gehorsam erwartet.
1885 wurden die ersten Geräte angeschafft, Spritzen und Schläuche, auch das erste Gerätehaus wurde nun errichtet und zwar mit einem hölzernen Schlauchturm von Andreas Einramhof. Nach sieben Jahren verließ Kommandant Karl Stummer Mannersdorf Richtung Orth an der Donau, sein Nachfolger wurde Johann Kopf. Unter dessen Ägide wurden weitere Leitern und Schläuche angekauft und 1892 der Bezirksfeuerwehrtag in Mannersdorf abgehalten. 1902 kam es dann zur Gründung einer eigenen Feuerwehrkapelle. Vier Jahre später übergab Kopf das Kommando an Friedrich Sollak, 1907 übernahm dessen Wehr auch den Rettungsdienst in Mannersdorf. Unter Sollak konnte auch eine neue Dampfspritze angekauft werden, für die das Gerätehaus nach Westen erweitert wurde.
Während des Ersten Weltkrieges musste ein Großteil der Mannschaftsmitglieder einrücken, sodass der Betrieb der Feuerwehr nur bedingt aufrechterhalten werden konnte – vier Kameraden kamen nicht mehr aus dem Krieg zurück. In der Ersten Republik übernahm die Wehr nun auch die Feuerwache im Kino, während Kommandant Sollak 1921 an Matthias Pillitsch übergab. Zwei Jahre später durfte die Mannersdorfer Feuerwehr sogar in einem Film über das Feuerwehrwesen mitwirken! Neben dem Ankauf einer Motorspritze im Jahr 1928, wird auch die Zusammenarbeit mit den Nachbarwehren intensiviert.
Nach dem „Anschluss“ 1938 wurde auch das Feuerwehrwesen von den ideologischen Umgestaltungen des Nationalsozialismus erfasst. Die Freiwillige Feuerwehr wurde nun in eine „Feuerschutzpolizei“ umgewandelt, militärisch organisiert und der Polizei eingegliedert – an Stelle der roten Erkennungsfarbe trat nun ein Grün- oder Grauton. Im Zweiten Weltkrieg wurde fast die gesamte Mannersdorfer Mannschaft einberufen – sechs Männer überlebten den Krieg nicht. An Stelle der Einberufenen wurden Alte, Wehruntaugliche oder Frauen zum Feuerwehrdienst zwangsverpflichtet. 1942 erhielt Mannersdorf sein erstes Feuerwehrauto, das in der Endphase des Krieges, wie alle übrigen Feuerlöschfahrzeuge im Osten, von den flüchtenden Truppen aus taktisch-ideologischen Gründen nach Westen verschleppt wurde. Wie die Großstadt Wien wurde Mannersdorf so seiner Löschmittel beraubt und die Hilflosigkeit vom NS-Regime in Kauf genommen!
Erst 1946 konnte die Freiwillige Feuerwehr Mannersdorf wieder mit 28 Männern zusammentreten, Franz Arthaber wurde zum neuen Kommandanten gewählt. Ihm gelang es, das verschleppte Feuerwehrauto zurückzubekommen und die Mannschaft mit Einsatzkleidung auszustatten. Im Staatsvertragsjahr 1955 fand dann der Bezirksfeuerwehrtag in Mannersdorf statt. 1957 übernahm Oswald Heinrich das Kommando, er sandte seine Kollegen zur Ausbildung in die Landesfeuerwehrschule nach Tulln und baute eine Wettkampftruppe auf. Da nur im Zementwerk eine Sirene vorhanden war, schaffte die Marktgemeinde 1959 eine weitere für den Ort an. Die zunehmende Motorisierung und Mobilität änderte auch das Aufgabengebiet der Feuerwehr, die nun verstärkt technische Einsätze zu absolvieren hatte. Und auch Elementarereignisse, wie das Hochwasser 1965, forderten die Mannersdorfer Wehr. 1968 wurde Josef Bauer neuer Kommandant, unter ihm wurde nun eine Jugendgruppe gegründet, sogar die erste im Bezirk! In den 1970er-Jahren wurde das Gerätehaus renoviert und ein neues Tanklöschfahrzeug angeschafft. Mit dem Ende des Betriebes von Hutter und Schrantz wurde die dortige Betriebsfeuerwehr aufgelöst, von 1973 an wird daher Wasenbruck von der Ortsfeuerwehr mitbetreut – dies wurde besonders beim Hochwassereinsatz 1975 deutlich.
1981 übernahm Franz Weninger das Kommando, unter ihm wurde nun der lange geplante Bau eines neuen, zeitgemäßen Feuerwehrhauses umgesetzt. Ab 1980 hatte Architekt Dipl.Ing. Karl Opferkuch das Projekt geplant, das einen Bauteil mit Mannschaftsräumen, einen Schlauchturm und eine Wagenhalle vorsah. Der Bau konnte bis zum 100-Jahr-Jubiläumsfest der Freiwilligen Feuerwehr im September 1982 umgesetzt und bei ebendieser Feier eingeweiht werden. 1986 übernahm dann Josef Bauer jun. das Kommando der Wehr, zwei Jahre später wurde ein neues Tanklöschfahrzeug angeschafft.
In den letzten 30 Jahren wuchs der Fuhrpark weiter an, so kamen u.a. ein Rüstlöschfahrzeug, eine Teleskopmastbühne und ein Wechsellader hinzu. In den 2010er-Jahren wurde nun auch eine Adaptierung des Feuerwehrhauses notwendig. War zunächst noch ein Neubau an anderer Stelle vorgesehen gewesen, kam es dann doch zum Ausbau des bestehenden Standortes. Am 26. Mai 2017 konnte das neue Feuerwehrhaus gemeinsam mit dem dahinter liegenden Gebäude der Polizeiinspektion feierlich eröffnet werden. Bereits seit 2016 übt nun Stefan Heinrich das Amt des Kommandanten aus.
Foto 1: Gründungsmannschaft der FF Mannersdorf, 1882 (Festschrift 1982)
Foto 2: 25-Jahr-Jubiläum der FF Mannersdorf, 1907 (Digitales Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)
Foto 3: FF Mannersdorf bei Dreharbeiten zu einem Film über das Feuerwehrwesen, 1923 (Digitales Archiv Stadtmuseum Mannersdorf)
Foto 4: 40-Jahr-Jubiläum der FF Mannersdorf, 1922 (Archiv Michael Schiebinger)
Foto 5: Mannschaft der FF Mannersdorf, 1960er-Jahre (Festschrift 1982)
Foto 6: Altes Gerätehaus mit Fuhrpark (Festschrift 1982)