Online-Gschichtl Nr. 126

Die Ziegelöfen um Mannersdorf

An die lange lokale Tradition des Kalkbrennens erinnert bis heute der Kalkofen BAXA mit seiner Dauerausstellung. Dass in Mannersdorf einst auch Ziegelöfen bestanden, dürfte hingegen wohl weniger bekannt sein. Michael Schiebinger begibt sich daher heute auf die Spuren der Ziegelherstellung in Mannersdorf – er dankt Ava Pelnöcker für wertvolle Hinweise Sommerein betreffend.

Nach der Ersten Türkenbelagerung Wiens 1529 wurden auch im Herrschaftsgebiet von Mannersdorf-Scharfeneck zum Wiederaufbau verstärkt kroatische Bauern angesiedelt. Im damaligen Urbar, so Hans Kopf, wurde vermerkt, dass die Kroaten keine Ziegel von den Herrschaftsziegeleien beziehen würden, da sie ihre Häuser nur aus Lehm oder „Kothziegel“ errichten. Solche Kothziegel waren ungebrannt und mit hohem Humusanteil hergestellt worden.

Im 16. Jahrhundert bestand also mindestens eine Ziegelei, die von der Herrschaft selbst betrieben wurde. Überdies zeigt sich, dass damals, neben den lokal verfügbaren Hau- und Bruchsteinen, auch Ziegel und Lehm als Baumaterialien herangezogen wurden. Im Urbar von 1565 wurde dann angemerkt, dass sich in Mannersdorf ein Ziegelofen befinde, der damals aber nicht in Betrieb war. Ebenso war Ende des 16. Jahrhunderts von „Ziegelöfen bei der Herrschaft“ die Rede, die allesamt verödet waren, weil der örtliche Lehm „nit guet“ genug war. Als Eustachius von Althan 1584 Pfandinhaber der Herrschaft wurde, bemerkte man abermals, dass die mehrheitlich kroatische Bevölkerung mit so wenigen Ziegeln baue, dass die Herrschaft ihren Ziegelofen nicht wirtschaftlich betreiben könne. Es zeigt sich folglich, dass die Herrschaftsuntertanen weiterhin Lehm als günstiges Baumaterial bevorzugten. Um die Lehmmauern vor dem Auswaschen bei Regen zu bewahren, wurden diese dann stets mit Kalk „geweißelt“.

Die herrschaftlichen Ziegelöfen – es dürften zeitweise mehr als einer gewesen sein – befanden sich hinter der Platte in der Flur „Haferwiesboden“. Ein Bereich im Leithagebirge, wo Verwitterungserzeugnisse entstanden, die eine lehmhaltige, wasserundurchlässige Schicht im Boden bildeten und das ganze Jahr über für sumpfige Verhältnisse sorgten. Heute ist der Bereich als „Ziegellacke“ bekannt, da hier der Lehm für die Ziegel gewonnen wurde. Dass der Bereich schon länger genutzt wurde, bestätigten auch Funde, die Friedrich Opferkuh 1981 machte. Er entdecke bei der Ziegellacke Bruchsteine, die als Reste von Ziegelöfen des 16. und 17. Jahrhunderts identifiziert wurden. Überdies war anlässlich der Grenzbegehung zur Klostergründung im Jahr 1644 von zwei Ziegelöfen die Rede, die sich an der Grabensohle bei der Ziegellacke befanden.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts dürfte die Nachfrage für Ziegel wieder gestiegen sein, dies wundert nicht, war doch nach den Schäden der Zweiten Türkenbelagerung von 1683 überall der Wiederaufbau begonnen worden. 1690 wurde daher berichtet, dass sich der herrschaftliche Ziegelofen in Reparatur befinde. Diese Instandsetzung zeigt, dass sich der Betrieb des Ziegelofens nun offenbar wieder lohnte. Ob nur ein einziger Ofen mehr bestand und der zweite aufgegeben wurde, bleibt offen.

Am Fresko des Maria-Theresien-Saales im Mannersdorfer Schloss sind verschiedene Tätigkeitsbereiche und Berufszweige dargestellt, die um 1730/40 im Herrschaftsgebiet vorzufinden waren. Neben der Darstellung eines Kalkofens, ist auch ein Ziegelofen wiedergegeben. Zu sehen ist ein turmartiger, selbst aus Ziegeln errichteter Bau mit Satteldach, aus dessen Öffnungen Rauch qualmt. Die Darstellung wirkt realistisch, rings um den Ofen stapeln sich bereits die gebrannten Ziegel, während andere gerade geformt und zum Trocknen aufgelegt werden. Der Ziegelofen wurde bei der Ortsdarstellung von Au wiedergegeben, dies sagt aber nichts zum tatsächlichen Standort aus, da die realen geografischen Verhältnisse am Fresko nicht berücksichtigt worden waren. Dass im späten 18. Jahrhundert in Mannersdorf ein Ziegelofen bestand, zeigt jedenfalls die Josephinische Landesaufnahme (1773-81). Im Bereich nordöstlich des Klosterareals von St. Anna ist auf der Karte ein kleines Gebäude erkennbar, dass mit „Z.O.“ für Ziegelofen gekennzeichnet ist – es dürfte folglich nur mehr ein Ofen bestanden haben.

Wohl um das Jahr 1808 wurde ein Vertrag zwischen der Herrschaft und den beiden „Zieglern“ vom Wienerberg, Johann Hauser und Josef Aschinger, geschlossen. Die Herrschaft überließ den beiden demnach ihren Ziegelofen am „Plattenberge“ samt dem dortigen Ziegelstadl auf drei Jahre für je 100 Gulden Jahrespacht. An den Vertrag wurde die Bedingung geknüpft, dass die beiden Ziegelproduzenten die Produkte der Herrschaft um ein Achtel günstiger verkaufen mussten und für das Befeuern nur Steinkohle verwenden durften, um den Waldbestand zu schonen.

Wie die Franziszeische Landesaufnahme des Biedermeiers zeigt, befand sich der Mannersdorfer Ziegelofen damals weiterhin im Randbereich der Platte, bei der „Ziegellacke“. Am noch genaueren Franziszeischen Kataster ist die Ziegellacke ebenfalls deutlich erkennbar eingezeichnet, neben ihr befanden sich zwei hölzerne Kleinbauten, die wohl als Ziegelstadl und weitere Holzhütte zu identifizieren sind.

Ebenfalls im Biedermeier war der Ziegelmeister Karl Sammet in Sommerein ansässig, wo er mit seiner Familie die dortige Ziegelhütte bewohnte. Er stammte aus Trebnitz/Třebenice in Böhmen und war der Sohn des „Ziegelschlagers“ Mathias Sammet. Karl hatte sich 1831 in Trautmannsdorf mit Theresia Bilder aus Südböhmen vermählt, nachdem seine erste Gattin Anna Maria aus Waldhams bei Zwettl früh verstorben war. Der Bräutigam wurde zu diesem Zeitpunkt noch als „Teichgräber“ bezeichnet. Den Taufeinträgen der Kinder zufolge, muss die Familie zwischen 1836 und 1839 von Trautmannsdorf nach Sommerein übersiedelt sein, wo Karl Sammet nun auch als Ziegelmeister tätig wurde. Er ist noch 1856 in Sommerein nachweisbar, wo zwischenzeitlich seine ältesten Kinder bereits eigene Familien gegründet hatten. Den Kirchenbüchern folgend dürfte die Familie Sammet den herrschaftlichen Ziegelofen von Sommerein betrieben haben – später verliert sich ihre Spur.

Im Jahr 1858 bestand in Mannersdorf ein Ziegelofen, der von der Marktgemeinde betrieben wurde und sich in der Nähe des Waldrandes befand. Es scheint so, als wäre der herrschaftliche Ziegelofen bei der gleichnamigen Lacke, nach der Konstituierung der politischen Gemeinde 1850, derselben überlassen worden. Die Franzisko-Josephinische Landesaufnahme von 1873 lässt die Mannersdorfer Ziegellacke unter dem Flurnamen „Haferwiese“ erkennen, Gebäude sind jedoch keine mehr verzeichnet, sodass eine zwischenzeitlich erfolgte Aufgabe des dortigen Ziegelofens plausibel scheint.

Noch interessanter ist jedoch der Umstand, dass knapp nördlich der Wegkreuzung des Roten Weges beim Schweingraben (heute rückwärtige Ausfahrt des Zementwerks) ein neuer Ziegelofen entstanden war, wie die Karte von 1873 zeigt. Da der Schweingraben die Gemeindegrenze bildet, lag die Ziegelei bereits auf Sommereiner Gemeindegebiet. Der Standort bildet heute den Nordwestrand der Tegelgrube. Das dortige Tegelvorkommen dürfte wohl für die dortige Errichtung des Ziegelofens ausschlaggebend gewesen sein.

Im Jahr 1872 kam in der Behausung beim „Ziegelofen gegen Mannersdorf“ Helena, die Tochter des Ziegelmeisters Johann Janetschek und seiner Gattin Anna zur Welt. Janetschek stammte aus Walschowitz/Valšovice in Mähren. 1875 bekam die Familie mit Sohn Johann weiteren Zuwachs, er wurde interessanter Weise in der „Steinmetzhütte“ zu Sommerein geboren. Bald danach verliert sich auch die Spur der Familie Janetschek.

Im Jahr 1881 wurde beim Sommereiner Ziegelofen eine Totgeburt verzeichnet, Mutter des Kindes soll die „Inwohnerswitwe“ Magdalena Dingl gewesen sein. 1882 kam es beim Ziegelofen zu einer Geburt eines Mädchens namens Johanna, als deren Mutter abermals die Witwe Dingl angenommen wurde. Beide Fälle lassen vermuten, dass Magdalena Dingl nach dem Tod ihres Mannes beim Ziegelofen beschäftigt gewesen sein könnte, da bei solchen Betrieben häufig Frauen „Zuträgertätigkeiten“ übernahmen. Die wage gehaltenen Angaben zur Mutterschaft der Witwe offenbaren zudem, dass in jenen Tagen außereheliche Geburten mit einem gesellschaftlichen Stigma behaftet waren.

Zum Sommereiner Ziegelofen führte jener beim Pollykreuz abzweigende Feldweg, aus dem später die „Ziegelofengasse“ hervorging. Zwischen der Sommereinerstraße und der Ziegelofengasse entstand um 1900 schrittweise das nach Baumeister Richard Peer benannte Gründerzeitviertel. Aus dem einfachen Weg zum Ziegelofen entwickelte sich eine Gasse, die wohl bereits anlässlich der Einführung der Straßenbezeichnungen in den 1920er-Jahren ihren Namen erhalten hatte – bei Hans Kopf scheint der Name „Ziegelofengasse“ jedenfalls bereits 1948 auf. Innerorts war die neue Gasse noch 1905 mit Schotter vom Scheiterberg einigermaßen befestigt worden.

 

Postkarten aus der Zeit um 1930 lassen im Bereich des Feldweges bei der Tegelgrube kleine Bauten erkennen. Es dürfte sich wohl um den Ziegelofen bzw. dessen Reste gehandelt haben. Die Konkurrenz des Zements, der im benachbarten Werk produziert wurde und wohl auch die großen Ziegelproduzenten am Wienerberg dürften das Ende der lokalen Ziegelherstellung in Mannersdorf bzw. Sommerein bedeutet haben.


Foto 1: Ein barocker Ziegelofen im Vordergrund, im Hintergrund ein Kalkofen, Deckenfresko des Maria-Theresien-Saales im Schloss Mannersdorf (Hans Amelin)

Foto 2: Das Formen und Trocknen der Ziegel, Deckenfresko des Maria-Theresien-Saales im Schloss Mannersdorf (Hans Amelin)

Foto 3: Das Aufschichten der gebrannten Ziegel, Deckenfresko des Maria-Theresien-Saales im Schloss Mannersdorf (Hans Amelin)

Foto 4: Bei der Haferwiese bzw. der Ziegellacke im Leithagebirge bestand 1873 kein Ziegelofen mehr (Franzisko-Josephinische Landesaufnahme)

Foto 5: 1873 bestand hingegen bereits ein neuer Ziegelofen zwischen Dammfeld und Pirschleiten (später Tegelgrube) (Franzisko-Josephinische Landesaufnahme)

Foto 6: In der Zwischenkriegszeit scheinen noch Reste des Ziegelofens am Nordrand der späteren Tegelgrube bestanden zu haben (Archiv Karl Trenker)