Blickt man auf die Geschichtsschreibung von Mannersdorf, so stand seit jeher der Hauptort der Stadtgemeinde im Fokus. Michael Schiebinger möchte sich daher heute dem kleinsten Ortsteil widmen…
Der Ortsteil Sandberg mit 84 Einwohnern befindet sich im nordöstlichen Winkel des Stadtgebietes, abgegrenzt im Osten durch die Bahntrasse. Im Norden endet Sandberg an der Leithabrücke nach Götzendorf und im Süden am Bahnübergang Richtung Mannersdorf. An der Durchgangsstraße besteht eine westliche Häuserzeile, während das anschließende neuere Siedlungsgebiet als „Antwiese“ bezeichnet wird.
Im Bereich des Sandberges waren schon früh Menschen aktiv, 2003 wurde in der Sandgrube Sassmann ein Schädel eines 25- bis 35-jährigen Mannes entdeckt, der Mitte des 5 Jahrhunderts n. Chr. gelebt und den Hunnen angehört haben dürfte. Bereits 1937 waren am Sandberg Langobardengräber entdeckt worden. Unter den lokalen Feinsandschichten stieß man überdies immer wieder auf Fossilien.
Die örtliche Bezeichnung Antwiese leitet sich von alten Flurnamen ab, bereits 1565 und 1586 werden die herrschaftlichen „Anntwisen“ genannt. Auch später wurde zwischen der „Inneren“ und der „Äußeren Antwiese“ unterschieden. Auf der 1751 entstandenen Karte von Marinoni gab es an der späteren Stelle der Siedlung Sandberg noch eine Furt über die Leitha, während in Wasenbruck bereits eine Brücke bestand, da dort der damalige Hauptverkehrsweg nach Wien querte. Im 18. Jahrhundert kam es wiederholt zu großen Hochwässern der Leitha, die die angrenzenden Orte und Felder überfluteten. Noch um 1770 begann man daher mit der regelmäßigen Reinigung des Flussbettes. Auf der Karte der Josephinischen Landaufnahme sind bereits Brücken über die Leitha und den Mühlbach eingezeichnet.
Am Franziszeischen Kataster von 1819 sind die späteren Straßenzüge als Feldwege erkennbar. Zu sehen sind die Geländestufen und der Grünbühel an Stelle der heutigen Sandgrube. Die Perspektivkarte von Schweickhardt zeigt die Situation am Sandberg im Jahr 1837. Neben der Johannes-Nepomuk-Statue, über die noch zu sprechen sein wird, ist auch schon die neue Leithabrücke zu erkennen, die 1830 errichtet worden war. Neben Dämmen erhielt die Leitha von 1837 bis 1839 zudem ein neues Flussbett. Trotzdem kam es im 19. Jahrhundert noch mehrmals zu Hochwasserschäden durch gebrochene Dämme.
Eine Begebenheit des Jahres 1840 erzählt vom Götzendorfer Spinnereibesitzer Franz Gradner, der sich bei hereinbrechender Dunkelheit und Schneesturm in den Feldern nahe Sandberg verirrt habe. Erst durch das Abendläuten aus Götzendorf habe er sich wieder orientieren können, als Dank für die Errettung habe er ein Holzkreuz setzen lassen.
1866 wurde die Leithabrücke bei Götzendorf abermals neu errichtet. Auf der Karte der Francisco-josephinischen Landesaufnahme bestand 1873 bereits ein erstes Gebäude unmittelbar vor der Brücke. 1881 gab es dann Verhandlungen zum Bau der Lokalbahn Schwechat-Mannersdorf. Während die Gemeinde im Bereich Götzendorf eine Umfahrung forderte, setzten sich die Mühlenbesitzer Schmid und Polsterer mit einer Trassenvariante durch das Ortsgebiet durch. So entstand also auch die Parallelführung von Straße und Eisenbahn im Bereich des Sandberges – die Bahnstrecke wurde 1884 in Betrieb genommen.
An eine Begebenheit aus dem Jahr 1923 erinnert noch heute das Danzinger-Kreuz, das in den Feldern nahe Sandberg anstelle des vorhergenannten Holzkreuzes von Franz Gradner entstand. Bei der Feldarbeit sollen Konrad Danzinger aus Götzendorf die Pferde durchgegangen sein und an Stelle des Holzkreuzes stehen geblieben sein. Aus Dank für die glücklich überstandene Situation ließ die Familie das heutige Kreuz errichten. Es wurde vom Mannersdorfer Steinmetzmeister Mathias Gubier errichtet und 1924 geweiht, wie Heribert Schutzbier in seinem Marterlbuch berichtet.
Bereits 1923 musste die noch immer aus Holz bestehende Leithabrücke zwischen Sandberg und Götzendorf ausgebessert werden. Im diktatorischen Ständestaat wurde die Brücke nun durch eine Eisenbetonbrücke ersetzt, sie wurde am 10. Dezember 1934 eröffnet und dem ermordeten Bundeskanzler Engelbert Dollfuß gewidmet. Die Brückenerrichtung erfolgte durch den „freiwilligen Arbeitsdienst“, eine Aktion des Ständestaat-Regimes zur Senkung der Jugendarbeitslosigkeit.
Während der NS-Zeit entstand dann unweit von Sandberg auf Sommereiner Gebiet die Kaserne, für die ein eigener Flugplatz und an der Lokalbahnstrecke die Haltestelle „Fasangarten“ errichtet wurden. 1939/40 entstanden in dem Zusammenhang auch zwei Holzblockhäuser jenseits der Bahnstrecke. Während der Bombenangriffe suchte die Götzendorfer Bevölkerung auch am Sandberg Schutz, wo es sichere Unterstände gab. Die Leitha-Mühlbach-Brücke und die Eisenbahnbrücke wurden am 3. April 1945 noch von SS-Leuten gesprengt, während die vorrückenden Russen bald eine Behelfsbrücke errichten konnten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Leithabrücke bis 1949 neu errichtet und die Straße nach Mannersdorf mit einer Betonfahrbahn versehen. 1955 erhielt Sandberg einen Anschluss an das Stromversorgungsnetz und 1965 erfolgte die Anbindung an das Götzendorfer Wasserleitungsnetz. Im letztgenannten Jahr wurde die Umgebung der Leitha noch einmal von einem großen Hochwasser heimgesucht. Nun setzte auch verstärkt der Siedlungsbau entlang der Durchfahrtsstraße ein, sodass schrittweise ein eigener Ortsteil entstand.
Die einzige „Sehenswürdigkeit“ am Sandberg war die Skulptur des hl. Johannes von Nepomuk, die noch 1925 von der Familie Hartauer renoviert worden war. Das Kleindenkmal stammte aus dem 18. Jahrhundert. Wie Heribert Schutzbier berichtet, befand sich die Skulptur zuletzt im Vorgarten von Gertrude Sassmann und wurde 1986 an einen Altwarenhändler verkauft. Seit 2007 erinnert in Sandberg wieder eine kleine Johannes-Nepomuk-Skulptur von Bildhauer Josef F. Meyer an das verlorene Vorbild.
Fotos: Karte von Giovanni J. de Marinoni (1751), Digitales Archiv Stadtmuseum Mannersdorf, Perspektivkarte von Franz X. Schweickhardt (1837), Francisco-josephinische Landesaufnahme (1873, Wikipedia)